2011-2016
Too Big to Fail
Wandtext, 2011
„Too big to fail“ – so schätzen Politiker_innen in Zeiten der Wirtschaftskrise Banken ein und versuchen damit, die Rettung der Banken mittels öffentlicher Gelder zu rechtfertigen. Denn die Banken sind „systemrelevant“; geht es ihnen schlecht, so ist das kapitalistische System bedroht.
In der Arbeit „Too Big to Fail“ werden die vier Worte „too big to fail“ auf der 16,85 Meter langen Wand des Kunstraum Niederösterreich installiert. Die Buchstaben des Textes sind aus einem Foto gebildet, das Menschen auf einer Demonstration zeigt. Es stammt von einer der Demonstrationen, die unter dem Motto „Wir zahlen nicht für eure Krise“ am 28. März 2009 in zahlreichen Städten stattgefunden haben. Mit diesen Demonstrationen wurde die massive Umverteilung von öffentlichem Eigentum von unten nach oben abgelehnt, wie es die Nationalstaaten im Zuge der angeblichen Krisenbekämpfung praktizieren. Während die Banken mit Milliarden überschüttet werden, wird bei der Allgemeinheit umso kräftiger gespart. Im Gegensatz zu Banken werden Menschen in Armut nicht gerettet. Ihr Elend und ihre Unzufriedenheit bedrohen das System nicht. „Too Big to Fail“ fasst den Wunsch in ein Bild, dass die globalen Bewegungen für eine demokratische Transformation „systemrelevant“ und ein nicht mehr zu ignorierender Akteur werden.
Wahlen sind Betrug
Wandtext, 2011
Der Slogan „Wahlen sind Betrug“ („Elections piège à cons”) wurde im Mai 1968 in Paris geprägt. Er scheint in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise wieder eine besondere Aktualität zu erlangen. Das System der repräsentativen Demokratie hat sich in den letzten Jahrzehnten nämlich auf eine Weise entwickelt, die immer weniger die Interessen der Wähler_innen berücksichtigt, sondern sich primär nach den Interessen der Banken, Konzerne und Reichen orientiert.
Walden Bello stellt fest, dass die westliche Demokratie eine Idealsituation zur Sicherung der Fortdauer der Macht der Eliten sei, weil sie den Eliten erlaube, ihre Dispute untereinander auszutragen, während sie gleichzeitig die Enteigneten, die Armen und die Arbeiterklasse aussperrt – obwohl sie ihnen seltsamerweise die Illusion vorgaukelt, sie könnten am politischen Prozess mitwirken.(1) Wahlen mutieren in diesem System immer mehr zu sinnentleerten Ritualen, während die wirklichen Entscheidungen abseits öffentlicher Debatten von selbsternannten Politik- und Wirtschaftseliten gefällt werden. Der Politikwissenschaftler Colin Crouch prägt für diesen Zustand den Begriff der Postdemokratie. Der Bürger/die Bürgerin wird nicht mehr als der Souverän behandelt, in dessen Auftrag entschieden werden muss, sondern als jemand, der/die befähigt werden muss, den vorgegebenen Anforderungen des globalen Marktes gerecht zu werden. Anstatt der vermeintlichen freien Wahl hat man eigentlich überhaupt keine Wahl.
Die Krise macht diese politische Machtverschiebung erstmals für eine Mehrheit der Menschen sichtbar. Was der Philosoph Alain Badiou über den Mai 68 schreibt, scheint auch für die heutige Zeit zuzutreffen: „It then became clear to everyone that the electoral dispositif is not just, or even primarily, a representative dispositif: It is also a dispositif that represses movements, anything that is new, and anything that tries to break away from it.“(2)
(1) vgl. David McNeill in der 8-Kanal Videoinstallation „What Is Democracy?“ von O. Ressler, 2009
(2) Alain Badiou, The Communist Hypothesis. London, New York: Verso, 2010, S. 56
No replastering, the structure is rotten
Wandtext, 2013
Der 14 Meter lange Wandtext „No replastering, the structure is rotten“ (Keine Wiederherstellung des Pflasters, die Struktur ist verrottet) wurde auf Initiative des Instituts für Kunstwissenschaft und Philosophie für den Hörsaal 1 der Katholischen Privat-Universität Linz beauftragt.
Der sich über zwei Wände des Hörsaals erstreckende Wandtext „No replastering, the structure is rotten” zitiert einen Slogan vom Mai 1968. Die der Schrift zugrunde liegende großformatige Fotografie lässt Pflastersteine erkennen, die im Zuge sozialer Aufstände für ein selbstbestimmtes Leben aus der Straße gerissen wurden.
Während dieses konkrete Foto 2012 in Athen aufgenommen wurde, als Griechenland am Rande des ökonomischen und sozialen Zusammenbruchs stand, verweist die Präsentation dieser Arbeit an einem anderen Ort darauf, dass in Zeiten der Finanzialisierung des Kapitalismus „Griechenland“ überall stattfinden könnte. Die heutige Präsentation dieses historischen Slogans kann in Bezug auf die tiefe strukturelle Krise des Kapitalismus und der repräsentativen Demokratie gelesen werden, die die Universitätsausbildung ebenso betrifft wie alle anderen gesellschaftlichen Bereiche.
Property is Theft
Wandtext, 2014
Der Slogan “Property is theft” (Eigentum ist Diebstahl) stammt aus einem Buch des französischen Anarchisten Pierre-Joseph Proudhon von 1840. Proudhon wandte sich darin gegen den Besitz von unbenutztem Land, da er glaubte, Land kann nur von denjenigen rechtmäßig besessen werden, die es auch nutzten. Hingegen betrachtete er Eigentum, das aus der Arbeit eines Individuums resultierte, als legitim. Die heute vorherrschende “Akkumulation durch Enteignung”, eine Form der Aneignung, die weniger auf der Schaffung von Reichtum basiert, sondern der Inbesitznahme existierenden Reichtums, üblicherweise von den Armen oder dem öffentlichen Sektor, macht diesen Slogan zu einem perfekten Kandidaten für die Wiederverwendung im Kontext des globalen Kapitalismus.
Der Text “Property is theft” basiert auf einem Logo von Spaniens größter Bank Santander und verweist auf die Bank als größten Profiteur in der Zwangsräumung zehntausender Menschen, die aufgrund der Wirtschaftskrise die Kreditrückzahlungen für ihre Wohnungen nicht mehr bedienen konnten.