Ein Film von Oliver Ressler
20 min., HD, AT/CH 2014
In den letzten Jahren hat sich die Schweiz zum globalen Zentrum des Rohstoffhandels entwickelt. Von keinem Staat aus werden mehr Rohstoffe gehandelt; dennoch gelangt das gehandelte Rohöl, Kupfer, Aluminium, die Kohle oder der Weizen nie auf Schweizer Territorium, da der Handel komplett virtuell durchgeführt wird. Trotz ihrer Bedeutung für die Schweizer und die globale Ökonomie ist in der Öffentlichkeit nur sehr wenig über diese im Stillen durchgeführten Geschäfte bekannt.
Die Zentralen der Rohstoffkonzerne, die zu den umsatzstärksten Unternehmen der Welt gehören, liegen oft in den höheren Stockwerken von Bürogebäuden im Rohstoff-Hub Genf oder im Falle von Glencore Xstrata im Kanton Zug, einer Steueroase. An diesen Orten wird der Handel ungestört und weitgehend unsichtbar für die Öffentlichkeit abgewickelt. Dieser relativen Unsichtbarkeit in der Schweiz stehen die sichtbaren, oft katastrophalen Auswirkungen gegenüber, die der Abbau und Handel der Rohstoffe unter neokolonialen Bedingungen für die Menschen, die Umwelt und die staatlichen Strukturen für die im Süden konzentrierten Abbaugebiete hat.
Der Film „The Visible and the Invisible“ (Das Sichtbare und das Unsichtbare), dessen Titel das gleichnamige Buch des französischen Philosophen Maurice Merleau-Ponty zitiert, diskutiert ein Ausbeutungsverhältnis, das giftige Industrien und inhumane Jobs im globalen Süden herausbildet, während die gigantischen Profite aus dem Rohstoffhandel in den Händen einiger weniger im globalen Norden anfallen. Aus unser Blickfeld vernebelnden Schwaden, die auch auf die mit der Produktion einhergehende giftige Emissionen verweisen, tauchen Bilder auf; Bilder der in der Schweiz befindlichen Konzernzentralen, der unauffälligen Firmenschilder von Vitol, Trafigura, Mercuria, Gunvor, Litasco, Bunge und Louis-Dreyfus, werden mit Bildern von den Abbauorten im Süden verwoben. Der Film diskutiert anhand des Rohstoffhandels, wie der Reichtum im Norden und die Armut im Süden ursächlich miteinander in Verbindung stehen und unterläuft dabei eine dominante Mythologie des Kapitalismus, dass nämlich der Wohlstand im Norden ohne Opfer anderswo möglich wäre.
Regisseur, Produzent und Schnitt: Oliver Ressler
Narration: Oliver Ressler
Kreatives Lektorat: Gene Ray
Sprecher: Patrick Lamb
Kamera: Thomas Parb, Oliver Ressler
Sound-Design, Mischung und Farbkorrektur: Rudolf Gottsberger
Titeldesign: Juma Hauser
Die Musikerin La Gale hat für den Film einen Track aufgenommen.
Die Narration wurde durch die Lektüre von Erklärung von Bern, Rohstoff – Das gefährlichste Geschäft der Schweiz (2012) und Eduardo Galeano, Die offenen Adern Lateinamerikas (1973) inspiriert.
Besonderer Dank geht an Anna Barseghian (künstlerische Leiterin von Utopiana, Genf).
Für inspirierende Gespräche zum Thema danke ich Manzoor Ahmad, David Bicchetti, Thomas Braunschweig, Reto Cadotsch, Olivier Demarcellus, Stefan Kristensen, Olivier Longchamp, Martyna Olivet und Jean-Michel Servet.
Weiters ergeht Dank an Cicero Egli, Can Gülcü, Ömer Kaplan, Vana Kostayola, La Gale, Katharina Morawek, Laura von Niederhäusern, Stella Rollig, Hanna Schmollgruber und Tilo Steireif.
The Visible and the Invisible wurde im Rahmen des artist-in-residence Programms von Utopiana in Genf entwickelt und mit Unterstützung von Utopiana, Shedhalle Zürich und Lentos Kunstmuseum in Linz realisiert.