Ein Plakat/Digitaldruck von Oliver Ressler
2005
Als Beitrag für die Ausstellung „Police“ der Landesgalerie Linz am OÖ Landesmuseum (18. Juni bis 28. August 2005) entwickelte Oliver Ressler ein 16-Bogen Plakat, das ab Anfang Juni 2005 an mehreren Orten im Stadtraum Linz (AT) plakatiert wurde.
Die folgende Textmontage basiert auf Zitaten aus dem Text „Das Unvernehmen. Politik und Philosophie“ (2002) des zeitgenössischen Philosophen und Politikwissenschaftler Jacques Rancière und verweist auf einen theoretischen Rahmen, durch den ein erweiterter Blick auf das großflächige Plakat geworfen werden kann.
[In den Parlamenten] breitet sich […] die resignierte Meinung aus, dass es wenig zu beraten gibt, sich die Entscheidungen von selbst aufdrängen und die eigentliche Arbeit der Politik nichts anderes wäre als die punktuelle Anpassung an den Weltmarkt und die ausgewogene Verteilung des Profits und der Kosten dieser Anpassung. […] Allgemein benennt man mit dem Namen der Politik die Gesamtheit der Vorgänge, durch welche sich die Vereinigung und die Übereinstimmung der Gemeinschaften, die Organisation der Mächte, die Verteilung der Plätze und Funktionen und das System der Legitimierung dieser Verteilung vollziehen. Ich schlage vor, dieser Verteilung und dem System dieser Legitimierungen einen anderen Namen zu geben. Ich schlage vor, sie Polizei zu nennen. Wahrscheinlich wirft diese Bezeichnung einige Probleme auf. Das Wort „Polizei“ ruft gewöhnlich das Bild dessen hervor, was man die niedere Polizei nennt, die Gummiknüppelschläge der Ordnungskräfte und die Inquisition der Geheimpolizeien. […] Die Polizei ist somit zuerst eine Ordnung der Körper, die die Aufteilungen unter den Weisen des Machens, den Weisen des Seins und den Weisen des Sagens bestimmt, die dafür zuständig ist, dass diese Körper durch ihre Namen ihrem Platz und jener Aufgabe zugewiesen sind.
Die politische Tätigkeit ist jene, die einen Körper von einem Ort entfernt, der ihm zugeordnet war oder die die Bestimmung eines Ortes ändert; sie lässt sehen, was keinen Ort hatte gesehen zu werden, lässt eine Rede hören, die nur als Lärm gehört wurde. […] Oder auch jene Tätigkeiten der Demonstranten oder Barrikadenkämpfer, die die städtischen Verkehrswege buchstäblich in „öffentlichen“ Raum umwandeln. […] Es gibt Politik, wenn die als natürlich vorausgesetzte Logik der Herrschaft […] durchkreuzt wird. […] Ein und dieselbe Sache – eine Wahl, ein Streik, eine Demonstration – kann Politik oder nicht stattfinden lassen. Ein Streik ist nicht politisch, wenn er eher Reformen als Verbesserungen fordert oder wenn er die Autoritätsverhältnisse anprangert statt das Ungenügen der Gehälter. Er ist es, wenn er die Verhältnisse, die den Arbeitsplatz bestimmen, in seinem Verhältnis zur Gemeinschaft neu ordnet.