Gelernte Heimat

Ein Projekt von Martin Krenn & Oliver Ressler

Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz, 17.12.1996 – 12.01.1997
Plakatobjekt am Hauptplatz Graz, 03.12.1996 – 12.01.1997

In Österreich wird der Heimatbegriff nicht nur auf regionaler, sondern auch auf überregionaler und staatlicher Ebene eingesetzt. Dadurch soll eine emotionale Bindung der Staatsbürger_innen an den Staat erleichtert und forciert werden. Eine derartige Manipulation findet bereits in der Institution Schule statt. „Gelernte Heimat“ versucht, diese „Beheimatungsstrategien“ anhand von Schulbüchern aus Österreich zu illustrieren. Besonders anschaulich zeigt sich die Konstruktion von„Heimat“ in Sachunterrichtsbüchern.

“Learned Homeland”, invitation card, 1996

Bei der Schaffung kollektiver Identitäten durch den Heimatbegriff wird immer das „Eigene“ gegenüber dem „Anderen“ aufgewertet und damit von diesem abgegrenzt. Die „eigene“ Geschichte wird glorifiziert bzw. verfälscht. Das „Naturschöne“ wird zur Symbolisierung und Konkretisierung der „Heimat Österreich“ herangezogen und dafür verwendet, eine Verbundenheit der Staatsbürger_innen mit „Heimat“ herzustellen.

Durch die frühe Einflußnahme der staatlichen Institution Schule auf die Schüler_innen wird die Gleichsetzung von Österreich mit Heimat als selbstverständlich erachtet. Das führt dazu, daß ein offensichtlich konstruiertes Heimatbewußtsein als natürliches, dem Menschen innewohnendes Grundbedürfnis angesehen und kaum in Frage gestellt wird.

“Learned Homeland”, Neue Galerie, billboard-object at the Main Square of Graz, 1996

Plakatobjekt am Hauptplatz:

Zwei mit Textfeldern ergänzte Sachunterrichtsbuchseiten und ein Hinweis auf die Ausstellung in der Neuen Galerie animierten die Betrachter_innen, sich mit Heimatkonstituierung anhand ihrer eigenen Schulerfahrungen auseinanderzusetzen.
Mit Passant_innen, die gerade die Texte des Plakatobjekts lesen, wurden Interviews durchgeführt und auf Video aufgezeichnet.

“Learned Homeland”, Neue Galerie, billboard-object at the Main Square of Graz, 1996
“Learned Homeland”, Neue Galerie, billboard-object at the Main Square of Graz, 1996

Ausstellung in der Neuen Galerie:

Im ersten Raum der Ausstellung wurde das Video gezeigt, das die Reaktionen der Passant_innen auf das Plakatobjekt dokumentiert. In den nächsten zwei Räumen waren 12 Digitaldrucke zu sehen, die weitere Beispiele von Heimatkonstitution in Sachunterrichtsbüchern thematisieren.
In vierten Raum wurde das Video „Gelernte Heimat – Arbeitsgespräche“ mit Theoretiker_innen aus Österreich und Deutschland, die zu Rassismus und Heimat publiziert haben, präsentiert.

“Learned Homeland”, Neue Galerie, Graz, 1996
“Learned Homeland”, Neue Galerie, Graz, 1996
“Learned Homeland”, Neue Galerie, Graz, 1996

Interviews wurden mit Jost Müller, Nora Räthzel, Juliane Rebentisch, Mark Terkessidis, Vera Kockot, Herbert Nikitsch/Bernhard Tschofen und Walter Manoschek durchgeführt.


Die Gespräche stellen eine inhaltliche Erweiterung der Thematik dar, in denen die Beziehung zwischen Heimat und Rassismus in Österreich und Deutschland aufgezeigt wird.

“Learned Homeland”, Neue Galerie, Graz, 1996