Oliver Ressler

Eine Fotoserie von Oliver Ressler

2018

Die Fotoserie “How Is the Air up There?” wurde im April 2018 im Hambacher Forst, dem Schauplatz Europas längster Baumkronenbesetzung, aufgenommen. Seit 6 Jahren leben ungefähr 100-200 Leute in diesem Wald in der Nähe von Köln und verhindern dadurch dessen geplante Rodung. Der letzte noch existierende Teil des biologisch sehr vielfältigen, 12.000 Jahre alten Waldes hätte dem Hambacher Braunkohle-Tagebau zum Opfer fallen sollen: das kohleabhängige Energieunternehmen RWE will dort bis 2045 Braunkohle abbauen. RWE weiß sehr wohl, dass das Ende der Kohle naht, aber es will die Abholzung des Waldes zu einem unumkehrbaren Tatbestand machen, um so weiterhin durch die Verbrennung der unter den Bäumen liegenden Kohle in den nahegelegenen Kraftwerken aus Zerstörung Profit schlagen zu können.

Seit dem 13. September 2018 hat sich die Situation dramatisch verschärft. 3-4.000 Polizeikräfte wurden zur Räumung in den Wald geordert und zerstörten dort bei einem unaufhörlichen, zwei Wochen lang andauernden Angriff bei Tag und bei Nacht Barrikaden, Baumhäuser und Kücheneinrichtungen. Dieser Einsatz führte zum Tod eines 27-jährigen Journalisten und zu einer hitzigen Diskussion über Deutschlands verlogene Klimapolitik. Obwohl die Welt Deutschland zum Teil immer noch als Vorreiter für einen erfolgreichen ökologischen Wandel ansieht, wird es seine eigenen Klimaziele für 2020 höchstwahrscheinlich nicht erreichen.

Am 5. Oktober 2018 beschloss ein deutsches Gericht die Aussetzung der Rodung im Hambacher Forst. Es kann Monate, vielleicht sogar Jahre dauern, bis das Gericht entscheidet, ob RWE einen rechtlichen Anspruch darauf hat, die Kohle unter dem Wald wie geplant zu fördern. Dieser wichtige Sieg zeigt, dass Menschen, die kollektiv und mit großem Einsatz agieren, fähig sind, einen Wald zu schützen. Es beweist, dass sinnvolles, wirkungsvolles Handeln gegen die katastrophale Erwärmung des Planeten tatsächlich möglich ist.

Die Fotografien in der Serie “How Is the Air Up There?” wurden alle von unten aufgenommen, mit einem Weitwinkelobjektiv, das auf die Baumkronendächer gerichtet war. Die Protestierenden sind auf den Fotografien nicht sichtbar (als Vorsichtsmaßnahme gegen Repression und andere ungewollte Folgen), aber ihre Baumhäuser, ihre Hängebrücken und die zwischen Ästen und Blättern hängenden Transparente sind wie eine bildliche Repräsentation eines Mottos der Klimabewegung: “We are nature defending itself!” [Wir sind Natur, die sich selbst verteidigt!]