Failed Investments

Großflächenplakate/ Transparente/ Digitaldrucke von Oliver Ressler

2015

In Polen hat der deregulierte Kapitalismus direkte Auswirkungen auf die Entwicklung der Städte, der Häuser, in denen Menschen leben, und der Verkehrsmittel, die die Menschen zu den Häusern bringen. In Krakau – wie wohl in vielen anderen polnischen Städten – ist das beliebteste Wohnmodell das Einfamilienhaus. Die überall sichtbare, maßlose Verehrung individuellen Eigentums in Polen – lauthals von polnischen Politiker_innen unterstützt – geht damit Hand in Hand. Momentan wird in Krakau viel gebaut, von Einfamilienhäusern zu Reihenhäusern zu Eigentumswohnungen in (oft als geschlossen konzipierten) Wohnanlagen. Weil die Stadt den sozialen Wohnungsbau nicht mehr finanziert, werden all diese Behausungen von privaten Investoren gebaut.

“Failed Investments”, billboard, 2015. Installation view: 7th Grolsch ArtBoom Festival, Krakow, 2015
“Failed Investments”, billboard, 2015. Installation view: 7th Grolsch ArtBoom Festival, Krakow, 2015

Die Architekturpublizistin Dorota Lesniak-Rychlak berichtet über Krakau (1): “Es gibt so gut wie keine städtisch verwaltete Stadtplanung. Es gibt zwar Instrumentarien, aber sie sind wirkungslos. Investoren einfach dahin gehen zu lassen, wo das Land billig ist, um dort aufs Geratewohl etwas hinzubauen, ist auch eine Folge fehlender Planungspolitik.”

Die Ausbreitung der Vorstädte, die Zunahme von Siedlungen, die auf Autos angewiesen sind, die Umwandlung von “garden cities” (Gartenstädte) in “gated cities” (eingezäunte Städte) und die Vervielfachung umweltverschmutzender, individueller Heizsysteme lassen sich alle als Folge ungenügender Stadtplanung verstehen. In Zeiten von Peak Oil und Klimaerwärmung – denen sich nur durch eine geplante wirtschaftliche Umgestaltung entgegenwirken lässt, die unvereinbar ist mit der vorherrschenden neoliberalen Politik – werden sich all diese Gebäude in nicht allzu langer Zeit als ökologisch unhaltbare Investitionsruinen erweisen.

“Failed Investments”, digital prints on aluminum behind acrylic glass, 120 x 60 cm, 2015

Über die ganze Stadt hinweg suchen Reklametafeln nach Käufer_innen für diese neuen Wohneinheiten, und schaffen so einen Werbesmog: eine neue Art von Smog in einem Gebiet, das als eines der schadstoffbelastetsten Europas sowieso schon stark angegriffen ist.

Dieses Projekt fügt zu den schon existierenden Reklametafeln neue hinzu, und positioniert die Kritik an den neuen Wohnprojekten inmitten der zahllosen Werbungen für sie. Auf dem ersten Großflächenplakat ist eine Montage zu sehen: eine zerberstende Hausblase wird von einem tropfenden Tankschlauch anvisiert; im Hintergrund eine quer durch die Landschaft verlaufende Pipeline. Das zweite Plakat zeigt ein brennendes Vorstadthaus und verweist so darauf, wie ungeschützt Behausungen in den Dürreperioden sind, die unter den extremen Temperaturen der Klimaerwärmung immer häufiger werden. Beide Billboards beinhalten auch Text, der Vorstadthäuser als failed investments (Investitionsruinen) beschreibt und für den logischen ersten Schritt auf dem Weg zum Überleben plädiert, nämlich fossil divestment (fossile Desinvestition).

“Failed Investments”, 2 banners, 398 x 199 cm, 2015. Installation view: “Fossilized Investments” (solo show), Museum Hartberg, Hartberg, 2019

Die polnischen Versionen dieser Arbeiten wurden als Großflächenplakate im öffentlichen Raum in Krakau aufgestellt, im Rahmen des siebten Grolsch ArtBoom Festivals 2015.


[1] In einem Gespräch mit Oliver Ressler am 11. März 2015 in Krakau

“Failed Investments”, digital print, 2015
“Failed Investments”, digital print, 2015
“Failed Investments”, 2 banners, 398 x 199 cm, 2015. Installation view: The Extractive Machine, Neo-colonialisms and environmental resources”, PAV Parco Arte Vivente, 2017