Container-Installationen im öffentlichen Raum
von Martin Krenn & Oliver Ressler
2003–2004
Ortsspezifische Versionen der Container-Installation wurden für die folgenden Projekte produziert:
“real* utopia”, Container-Installation in der Annenstraße in der Nähe vom Südtirolerplatz in Graz (AT), initiiert von <rotor> im Rahmen der Kulturhauptstadt Graz 2003, 24.05.–26.10.2003
“European Corrections Corporation”, Container-Installation am Stadtplatz in Wels (AT) in Zusammenarbeit mit der Galerie der Stadt Wels im Rahmen von Festival der Regionen, 28.06.–05.07.2003
“European Corrections Corporation”, Container-Installation am Sendlinger-Tor-Platz in München (DE) im Rahmen eines Projekts vom Kunstraum München, 16.04.–02.05.2004
Die Institution Gefängnis ist ein Instrument der Disziplinierung, der Bestrafung und des Ausschlusses und fungiert als Agent der Kontrolle und Normierung. In der heutigen Gesellschaft kommt dem Gefängnis zudem eine wichtige Rolle als ökonomischer Produktionsort zu, an welchem die Gefangenen zu Niedrigstlöhnen arbeiten müssen. Davon profitiert vor allem die sich immer weiter ausbreitende private Gefängnisindustrie.
Seit den 80er Jahren erzielen in den USA Konzerne wie Wackenhut und Corrections Corporation of America (CCA) durch die Errichtung und den Betrieb von Gefängnisanstalten hohe Profite. In den letzten Jahren gewinnen sie auch in Europa immer mehr an Einfluss. Sie betrachten den europäischen Markt als Wachstumsbranche, an der sie so früh wie möglich teilhaben wollen. CCA forciert den Bau und Betrieb von teilprivatisierten Gefängnissen in Frankreich. Wackenhut und CCA bauen und betreiben außerdem bereits seit mehr als zehn Jahren Gefängnisanlagen in Großbritannien. Dort wurde seit der Öffnung des Gefängnissystems für private Konzerne kein einziges staatliches Gefängnis mehr errichtet.
Das Projekt „European Corrections Corporation“ fokussiert das Phänomen der voranschreitenden Privatisierung von Gefängnissen in Europa und stellt die Institution Gefängnis in Frage. In Fußgängerzonen in Graz, Wels und München wurde ein begehbarer 605 x 243 x 259 cm großer Container platziert, der von einer bedruckten Plane ummantelt ist. Auf der Plane ist eine detaillierte mit Texten kommentierte CAD-Grafik zu sehen, die die mögliche zukünftige Privatisierung und den Umbau der Strafanstalt vor Ort durch einen privatwirtschaftlichen Konzern visualisiert.
Wie reale Konzerne versucht EUCC (European Corrections Corporation), das Gefängnis als deterritorialisierten Produktionsort innerhalb der kapitalistischen Ökonomie zu nutzen und stellt ein Modell für die gewinnbringende Verwertung der Arbeitskraft der Gefangenen vor. So sollen durch einen Neubau von Gefängnisgebäuden in den Strafanstalten Graz-Karlau und Wels und in der Justizvollzugsanstalt München-Stadelheim die Haftplätze verdoppelt werden.
Im Inneren des Containers wird ein 17-minütiges Video projiziert, das auf einem Interview mit dem britischen Aktivisten Mark Barnsley basiert. Barnsley war acht Jahre lang in 22 verschiedenen privaten und staatlichen Gefängnissen in Großbritannien eingesperrt, und hat dort konsequent die Arbeit verweigert. Mark Barnsley zeigt auf, dass sowohl staatlich als auch privat geführte Gefängnisse den Vorstellungen von Kriminalität als Krankheit und als soziales Übel unterliegen, die sie als Disziplinierungsmaschinen mit Gewalt aufrecht zu erhalten versuchen. Das Video thematisiert die Funktion und den Wandel der Institution Gefängnis und zeigt Möglichkeiten des Widerstandes in und außerhalb der Gefängnisse auf.
CAD Grafiken: Hubert Marz